Rede zum Haushalt 2023

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Heß, sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung, liebe Kolleginnen und Kollegen, werte Gomaringerinnen und Gomaringer, sehr geehrte Damen und Herren von der Presse!

Wieder ein Haushalt, der bestimmt wird von globalen Krisen. 

Vor einem Jahr hat Putin und die russische Armee die Ukraine angegriffen. Die vielen Toten, die Brutalität und die Zerstörungswut machen uns alle fassungslos und auch ratlos. „Frieden schaffen ohne Waffen“, das war jahrzehntelang Ziel grüner Politik. „Frieden sichern durch wirtschaftliche Vernetzung“ war jahrzehntelang die Methode der Bundesregierung. Am 24. Februar 2022 ist diese Strategie zusammengebrochen, das zerreißt gerade uns Grüne innerlich. 

Was ein Krieg für das eigene Leben und für die eigene Familie bedeutet, das kenne ich und sicher viele von uns nur aus dem, was unsere Eltern erzählt haben. Was ständige Angriffe und ständige Lebensgefahr mit einem machen, was Flucht und Neuanfang in einem fremden Land bedeuten, all das haben meine Eltern erlebt. Für mich selbst war das ganz, ganz weit weg, und ist seit einem Jahr wieder ganz nah. Die Menschen, die es aus dieser Bedrohung heraus hier zu uns nach Gomaringen geschafft haben, brauchen unsere Hilfe und Unterstützung, genau wie meine Eltern sie nach 1945 gebraucht haben.

Dieser schreckliche Krieg macht uns einmal mehr bewusst, wie wertvoll und nicht selbstverständlich der Frieden ist. Auch wenn unsere Einflussnahme als Gomaringen auf den Krieg doch sehr begrenzt ist, so können wir dennoch gemeinsam etwas für den Frieden tun, indem wir einen achtsamen und respektvollen Umgang miteinander pflegen und auch bei Meinungsverschiedenheiten und Konflikten fair und lösungsorientiert miteinander umgehen – sodass Konflikte nicht ohne Not und zum Leidwesen der Gemeinschaft eskalieren und positive Entwicklungen blockieren. 

Hier in Gomaringen leben wir eben nicht auf der Insel der Glückseligen. Versorgungssicherheit bei Strom und Gas, rasant gestiegene Heizkosten, Lieferengpässe bei Baumaterialien, all das ist in kürzester Zeit zum dominanten Thema geworden. Jetzt erleben wir ganz direkt, was es bedeutet, bei der Grundversorgung von der Lieferung Anderer abhängig zu sein

Zurück zum Gomaringer Haushalt:

Der Haushalt wird bestimmt von einigen wenigen großen Projekten. Für mehr reichen unser Finanzmittel nicht. Aber selbst wenn Finanzmittel vorhanden wären: In der Verwaltung und eben auch im Bauamt sind seit langem Stellen unbesetzt, obwohl sie zum Teil sogar mehrfach ausgeschrieben wurden. Wir bekommen einfach keine qualifizieren Bewerbungen. 

Was passiert, wenn die vorhandenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das ausgleichen müssen und damit jahrelang ihre psychische und körperliche Gesundheit überfordern, das habe ich vor Jahren in meinem Berufsleben erlebt. Um es ganz klar zu sagen: 

Lieber wenige Projekte sorgfältig und zügig durcharbeiten, als vieles anfangen und dann liegen lassen, weil einfach die Zeit fehlt oder die Gesundheit eine Auszeit fordert. Aus diesem Grund bringt die Grüne Liste heute auch keinen Katalog mit Forderungen für weitere Projekte.

Im letzten Jahr war im Haushaltsplan noch dargestellt, dass wir die nächsten Jahre ohne Neuverschuldung auskommen. Im aktuellen Plan sieht das anders aus: Inflation, Baukostensteigerung und eben auch Kosten für die Unterbringung von Geflüchteten werden in den nächsten Jahren zu einer höheren Verschuldung führen. Klar macht uns das Sorgen und auch deshalb wollen wir Projekte zurückstellen.

Jetzt zu den Projekten, die die Verwaltung für die nächsten Jahre eingeplant hat:

In wenigen Wochen wird das Jugendhaus fertiggestellt, Funpark und Außenanlage folgen. Eine so schöne Anlage zieht sicher nicht nur Jugendliche aus dem Ort an, sondern auch aus der Umgebung. Wir begrüßen, dass Gomaringen trotz klammer Kassenlage mit diesem Projekt beispielhaft die Belange der Kinder und Jugendlichen in den Blick nimmt, was in unseren Augen ein wichtiges Signal ist. Gerade in der Anlaufphase müssen Organisation und Betrieb funktionieren. Um die Jugendlichen dabei zu unterstützen, hat die Grüne Liste bereits im Sommer die Einrichtung einer zusätzlichen FSJ-Stelle beantragt. Der Gemeinderat hat dem einstimmig zugestimmt. Danke dafür!

Wir möchten in diesem Zusammenhang allerdings darauf hinweisen, dass die FSJ-Stelle nicht als billiger Ersatz für das notwendige pädagogische Fachpersonal verstanden werden sollte, sondern als zusätzliche Ressource. Die Bemessung des Fachpersonals sollte aufgrund des pädagogischen Konzeptes erfolgen und hier sollten wir darauf achten, das Potential des neuen Jugendhauses nicht durch Sparmaßnahmen am Fachpersonal zu verspielen.

Eine Grundschule soll möglichst nah am Wohnort der Schülerinnen und Schüler liegen, schließlich sollen sie nach kurzer Zeit selbständig in die Schule gehen. Aber bereits jetzt haben Hinterweiler und Stockach mehr Grundschüler, als die Hublandschule aufnehmen kann. Die neuen Baugebiete sind hierbei noch gar nicht berücksichtigt. Der zweizügige Ausbau der Hublandschule ist deshalb zwingend erforderlich, wir stehen voll und ganz dahinter. Deren Erweiterung entlastet gleichzeitig die Schlossschule, sodass diese endlich renoviert und für die aktuellen Klassengrößen und das heutige Lernkonzept umgebaut werden kann. Auch das ist schon seit Jahren überfällig und aus unserer Sicht dringend nötig.

Ebenso überfällig ist die Sanierung und der Umbau des Feuerwehrhauses. Gesetzliche Vorgaben zwingen dazu, und wir alle wissen, wie wichtig eine gut ausgerüstete Feuerwehr für jeden im Ort ist. Das Starkregenereignis vom Sommer 2021 hat’s gezeigt. Immer häufiger wird die Feuerwehr für technische Hilfeleistungen angefordert, deshalb kaufen wir ein dafür ausgerüstetes Fahrzeug. Zum gleichen Aufgabenbereich gehört auch die Katastrophenvorsorge, so z.B. die Vorsorge für längere Stromausfälle. Wie immer: Wir sind froh, wenn wir’s nicht brauchen, aber wir sollten vorbereitet sein, im Falle dass … Hier gibt’s für uns keine Diskussionen, das müssen wir umsetzen.

Zum gleichen Themenkomplex gehören auch Maßnahmen zur Erhöhung der Versorgungssicherheit mit Trinkwasser. Dass alte Rohrleitungen hin und wieder undicht werden, ist unvermeidbar. Dass ein Rohrbruch der Hauptwasserleitung aber ganz Gomaringen für viele Stunden „trocken legt“, davor können wir uns schützen, und dafür sieht der Haushalt auch entsprechende Mittel vor. Richtig!

In manchen Straßen sind die Rohrleitungen bzw. Hausanschlüsse besonders alt und damit anfällig. Die Rufbereitschaft des Bauhofs behebt so etwas häufig innerhalb weniger Stunden, auch Nachts und am Wochenende, das ist nicht selbstverständlich. Danke dafür! Klar, irgendwann ist’s dann sinnvoller, die betreffende Straße komplett zu sanieren. Aber bei der aktuellen Finanz- und Personalsituation haben wir durchaus Verständnis dafür, wenn solche Projekte zurückgestellt werden. 

Nebenbei bemerkt: Damit in ganz Gomaringen schnelles Internet verfügbar ist, will die Deutsche Glasfaser in diesem Jahr in ganz Gomaringen jeden einzelnen Gehweg aufgraben und dort ihre Leerrohre legen. Wenn aber 6 Kolonnen gleichzeitig und mit hohem Zeitdruck arbeiten, dann muss jemand vom Bauamt diese Arbeiten „begleiten“. Wir wissen aus anderen Gemeinden, dass hier auch mal was schiefgehen kann. Auch das belastet und bindet Arbeitskräfte des Bauamts

Noch einmal zur Versorgungssicherheit: Die Focusberatung Klimaschutz hat 2021 offengelegt, dass Gomaringen bei Strom und Heizung zu mehr als 90% von externen Energieversorgern abhängig ist. Wie ich zu Beginn meiner Rede schon gesagt habe: Diese Abhängigkeit ist ausgesprochen riskant, und daran müssen wir dringend arbeiten. Immerhin untersucht die Verwaltung seit letztem Sommer, wo Nahwärmenetze realisierbar sind. Betreiben müsste solche Netze dann eine externe Firma. Auch das ist eins der Projekte, die nicht nur angestoßen, sondern zügig zum Abschluss gebracht werden müssen.

Für uns ist das ein ganz wichtiger Schritt bei der Abkehr von fossilen Brennstoffen. Wir brauchen das. Mittlerweile sind wir gesetzlich verpflichtet dazu. Den Treibhausgasausstoß des Landes sollen wir in den nächsten 7 Jahren um mindestens 65 Prozent senken und bis 2040 soll Baden-Württemberg klimaneutral sein. Das ist Gesetz.

Es gibt auch Erfreuliches zu berichten:

Bei der Sanierung der Ziegelgrubenstraße wurde für Gomaringen erstmalig eine Variante beschlossen, die zwar etwas teurer ist, aber die die Folgen des Klimawandels berücksichtigt und zumindest etwas abmildert. Diesen Focus müssen wir auch bei weiteren Projekten beibehalten.

Die Verwaltung ist jetzt auf dem Weg, weit mehr als bisher Photovoltaik und Pufferspeicher zu installieren. Auch dass ist endlich ein Schritt in die richtige Richtung; gefordert hat dies die Grüne Liste schon seit Jahren. 

Um auch private Eigentümer zur Installation von PV-Anlagen zu motivieren, hat die Grüne Liste beantragt und bewilligt bekommen, dass solche Anlagen mit bis zu 1.000 € gefördert werden. Zugegeben, nur ein kleiner Baustein, aber er hilft bei der Entscheidung, zumindest die eigene Stromversorgung etwas sicherer zu machen und das eigene Kostenrisiko zu senken.

Soweit zu den im Haushalt eingeplanten Projekten.

Weitere Themen, die zum Teil schon vor Corona angedacht, eingeplant oder sogar angefangen wurden, wären zum Beispiel

  • die energetische Sanierung gemeindeeigener Wohnungen
  • Maßnahmen aus dem Nahmobilitätskonzept
  • Maßnahmen aus dem Starkregen-Risikomanagement
  • der Bau des RÜBs Gotthold-Kindler-Straße
  • die Sicherung und Verbesserung der Ärzte-Versorgung
  • der Bau kleiner und günstiger Mietwohnungen
  • die Umgestaltung des Quartiers „Altes Rathaus“
  • weitere Möglichkeiten für Betreutes Wohnen bzw. Pflege im Alter
  • ab Herbst 2026 haben die Grundschüler Anspruch auf Ganztagsförderung. Auch dafür müssen wir die Möglichkeiten schaffen.

Aber wie anfangs gesagt: Auch wenn wir all das gerne möglichst bald hätten: Realistischerweise müssen wir anerkennen, dass diese Projekte mit der aktuellen Finanzkraft und der aktuellen Personalstärke nur ganz schwer realisierbar sind. Wie gesagt: Lieber weniger Projekte und diese richtig, als viele Projekte anfangen und über Jahre hinziehen.

Zu einer lebendigen und liebenswerten Gemeinde gehören neben einer handlungsfähigen und kreativen Verwaltung auch immer Menschen, die die vorhandene Infrastruktur mit Leben füllen. An dieser Stelle deshalb auch ein Dank an alle, die beruflich oder im Ehrenamt, in Vereinen, Kirchen oder sonstigen Gruppen hier tätig sind. Unsere Bitte und Hoffnung ist, dass immer wieder weitere Frauen, Männer, Jugendliche und Kinder spüren, dass es sich lohnt, sich dort, wo man lebt, auch einzubringen.  Nicht nur Leistung einfordern, sondern auch bereit sein, einen eigenen Beitrag dazu zu leisten, darum geht’s.

Ich danke für ihre Aufmerksamkeit.

Dr. Hartmut Rombach
Fraktionsvorsitz Grüne Liste Gomaringen
(Es gilt das gesprochene Wort)

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