Rede zum Haushalt 2021

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Heß, sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung, liebe Kolleginnen und Kollegen, werte Gomaringerinnen und Gomaringer, sehr geehrte Damen und Herren von der Presse!

Wir leben im Jahr ZWEI von Corona! Das betrifft jeden von uns, das zwingt uns in eine emotionale Belastung und das hat im letzten Jahr schon viele Planungen völlig über den Haufen geworfen.

Im Frühjahr erlebten wir die erste Infektionswelle und den ersten Lockdown. Ladengeschäfte, Handwerksbetriebe, Schulen und Kindergärten, Familienfeste, alles musste sich umstellen, alles war plötzlich völlig anders.

Nach einer kurzen Entspannung über den Sommer setzte nach den Urlaubsmonaten die zweite Welle ein, der zweite Lockdown wurde notwendig. In dieser Woche öffnen Kindergärten wieder und Schulen gehen vorsichtig wieder in den Präsenzunterricht. Ob das gut geht? Hoffentlich bleibt uns zumindest hier in Gomaringen die dritte Welle erspart.

Corona bestimmt das Leben, Infektionszahlen, Ansteckungswege, Schul- und Kindergarten-Schließungen, Impfungen und Priorisierung wurden und werden viel diskutiert, alles andere ist völlig unwichtig geworden.

Die Bundesregierung hat riesige Summen freigegeben. Trotzdem fielen Viele, denen die Einnahmen von einem Tag auf den anderen völlig weggebrochen waren, durchs Raster und bekamen bisher nichts. Die wirtschaftlichen Schäden sind immens, und mit diesen Auswirkungen müssen wir die kommenden Jahre umgehen.

Auf den Haushalt der Gemeinde Gomaringen hat dieser Umbruch zu unserer Überraschung bisher noch keine Auswirkungen gehabt: Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer sind in 2020 sogar leicht gestiegen.

Die Frage ist nur: Wie geht’s in den nächsten Jahren weiter? Erholt sich „die Wirtschaft“? Erholen sich unsere Händler und Gewerbebetriebe von dieser Krise? Wie schnell? Wer soll all die Schulden zahlen?

Klar ist: Eine verlässliche Vorhersage über die Einnahmesituation der Gemeinde ist weit schwerer als in den vergangenen Jahren, trotzdem muss der Haushalt für die kommenden Jahre geplant werden. Wie auch in vielen anderen Bereichen gilt: Aussitzen hilft nicht. Wir müssen jetzt entscheiden und handeln, basierend auf dem, was wir jetzt wissen.

Die Verwaltung hat uns einen Haushaltsplan vorgelegt, der unter dem Motto steht: „Begonnenes abschließen, Notwendiges planen.“

Das ist gut gesagt, die Frage ist nur: Was ist notwendig? Wo besteht dringend Handlungsbedarf, welche Bedürfnisse, welche Ziele wollen, ja müssen wir in diesem Jahr und in den nächsten Jahren angehen?

 

Klar, das Thema Kinderbetreuung, Kindergarten, Grundschule und Werkrealschule kommt seit Jahren jedes Jahr wieder.

In Gomaringen wird viel gebaut, aktuell hauptsächlich am Heckberg. Eine Reihe weiterer Baugebiete sind in der Planung. Auch, wenn hierdurch Gomaringens Bevölkerung eher jünger wird: wir von der Grünen Liste sehen den Flächenverbrauch und ‑versiegelung kritisch. Viel wichtiger als ein Wachstum nach außen hin ist uns, Lücken und Freiflächen innerhalb der bestehenden Bebauung zu erschließen. Deshalb finden wir gut, dass die Verwaltung auch diesen Themenkomplex angeht.
Gomaringens Bevölkerung wächst, und damit auch der Bedarf an Plätzen in den Kindergärten. Gomaringen ist hier sehr gut aufgestellt, in der Gemeinde existiert ein breit gefächertes Angebot. Das finden wir sehr gut, und das ist uns sehr wichtig, besonders, weil es viele Alleinerziehende gibt und bei immer mehr Familien beide Elternteile berufstätig sind. Das ist die Krux an den steigenden Miet- und Grundstückspreisen.

Allein die in den letzten Jahren gestiegene Geburtenrate zwingt uns dazu, die Hublandschule 2-zügig auszubauen. Verschärfend kommt dazu, dass viele Familien mit Kindern nach Gomaringen ziehen, und hierdurch entsteht weiterer Bedarf nach Schulraum. „Uns brennt der Kittel“ was die Klassenräume angeht. Die stark renovierungsbedürftige Schlossschule platzt ja bekanntermaßen schon jetzt aus allen Nähten.

Die Schlüsselfrage ist: Wie sieht die Zukunft der Werkrealschule aus? Keine Frage, in dieser Schule wird ein sehr gutes Bildungskonzept angeboten. Aber pro Jahr nutzen aus Gomaringen nur 10 Schülerinnen und Schüler diesen Bildungsweg. Als Gemeinderäte stehen wir in der Verantwortung, diesen Nutzen mit dem dafür aufzubringenden Preis abzuwägen. Die Verantwortlichen im Regierungspräsidium und im Kultusministerium weigern sich seit Jahren, finanzielle Zusagen und Sicherheiten für die Weiterführung dieser Schulart in Gomaringen zu geben. Es muss deshalb die Frage gestellt werden, ob wir in Gomaringen allein den Erhalt der WRS auf Dauer finanzieren können und wollen. Auch hier gilt: Aussitzen hilft nichts, wir müssen diese Entscheidung treffen.

Die Schlossschule ist aber nicht der einzige Bereich, der im nächsten Jahr bzw. in den nächsten Jahren große Investitionen erfordert: Die Erweiterung des Schulzentrums Höhnisch, die Sanierung des Feuerwehrhauses, und auch der Neubau von Jugendhaus und Funpark erfordert gewaltige Summen. Dazu kommen Investitionen für das Regenüberlaufbecken Gotthold-Kindler-Straße. All das sind Investitionen, die wir von der Sache her für absolut gerechtfertigt halten, deren Höhe uns aber Sorgen macht. Angesichts der aktuellen Lage müssen wir dringend nach Möglichkeiten suchen, die Belastung für den Gemeindehaushalt zu senken.

Die Frage ist: Was ist notwendig? Wo besteht dringend Handlungsbedarf, welche Bedürfnisse, welche Ziele wollen, ja müssen wir in diesem Jahr und in den nächsten Jahren angehen?

Bisher habe ich nur über die finanzielle Situation der Gemeinde und über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Finanzen gesprochen. Wir sehen aber mehr und mehr, dass der Lockdown, die Schließung der Schulen und Kindergärten und auch vieler Gewerbe- und Handelsbetriebe vor allem eine gigantische soziale Herausforderung darstellt. Die emotionalen Gesundheit der Gomaringer Bevölkerung wird hierdurch mehr und mehr belastet.

Dies betrifft jeden Einzelnen von uns:

  • Nicht nur die Lebenserfahrenen, also die Älteren, die zu den Corona-Risikogruppen gehören und besonderen Schutz benötigen.
  • Sondern auch diejenigen, die ihre (hoffentlich möglichst unbeschwerte) Lebenserfahrung noch vor sich haben, also unsere Kinder. Sie werden gezwungen, momentan auf vieles zu verzichten, was für eine gesunde soziale Entwicklung wichtig und „normal“ wäre.
  • Genauso betroffen sind die Eltern, die dank Homeoffice zwar daheim sind, aber in ihrem Beruf schaffen sollen und deshalb nur begrenzt Zeit und Möglichkeit haben, ihren Kindern die Schule zu ersetzen.

Vielleicht ist es keine formale kommunale Pflichtaufgabe, aber unserer Auffassung nach eine moralische Pflichtaufgabe, hier nach Möglichkeiten der Entlastung zu suchen und darauf hinzuwirken, dass wir auch im sozialen und ökologischen Bereich am Ball bleiben.

Die Kampagne „Gomaringenhältzusammen“ ist ein Baustein dazu.

Einen anderen Baustein bilden gemeinsamen Beteiligungsprojekte, die gerade jetzt in der Corona-Pandemie helfen können, unser aller Lebensqualität zu verbessern. Aktuell ist ja die Freizeitanlage Buchbach für Familien völlig unattraktiv und praktisch nicht benutzbar: Vieles ist defekt, manches schon seit Jahren, anderes durch Vandalismus zerstört. Eine reine Reparatur der gröbsten Schäden ist nach unserer Ansicht angesichts des Bedarfs gerade junger Familien viel zu kurz gesprungen. Wir haben hierzu einen Haushaltsantrag gestellt, in dem wir vorschlagen, wie die Buchbach-Anlage gerade für junge Familien mit kleinen Kindern erheblich attraktiver gestaltet werden könnte. Der besondere Charme unseres Vorschlages ist, dass wir für diese Umgestaltung viele Gruppierungen, Vereine etc. am Ort einbinden möchten. Später mehr dazu.

Die Frage ist: Was ist notwendig? Wo besteht dringend Handlungsbedarf, welche Bedürfnisse, welche Ziele wollen, ja müssen wir in diesem Jahr und in den nächsten Jahren angehen?

Ein Thema, das wir von der Grünen Liste für sehr wichtig und für sehr bedrohlich halten, ist durch die Corona-Pandemie völlig aus den Schlagzeilen verschwunden: Die Klimaerwärmung geht ungebremst weiter. Deshalb ist, Corona hin oder her, dringend nötig, die CO2-Emissionen radikal zu verringern. In meiner letzten Haushaltsrede habe ich hierzu einiges gesagt, die Situation wird Jahr für Jahr schlimmer. Vor wenigen Tagen haben wir alle den Fragebogen zum Klimaschutz erhalten. Die Ergebnisse aus diesem Fragebogen bilden, ebenso wie die Ergebnisse der Fokusberatung, die Grundlage für die weiteren Entscheidungen. Für uns ist ganz klar: Je später Maßnahmen zum Klimaschutz umgesetzt werden, um so drastischer müssen sie ausfallen, um noch etwas zu erreichen! In allen drei großen Bereichen, die zur Klimaerwärmung betragen, müssen wir unser Verhalten ganz erheblich ändern:

  • Bereich Heizung: Wir müssen weg von der Verbrennung von Öl und Gas und hin zu besser gedämmten Häusern und damit geringerem Heizbedarf.
    • Bei bestehenden Häusern empfiehlt sich hier eine Individuelle Beratung, um die Bereiche zu identifizieren, bei denen sich am meisten „holen“ lässt.
    • Für die neuen Baugebiete denken wir hier an ein lokale Wärmenetze und Blockheizkraftwerke.
  • Bereich Energie: Wir müssen unseren eigenen Stromverbrauch erheblich reduzieren und jede Möglichkeit nutzen, z.B. mit PV-Anlagen eigenen Strom zu erzeugen. Dies geht im Bestand genauso gut wie auch im Neubau.
  • Bereich Verkehr: Wir müssen weg vom Individualverkehr mit PKWs
    • außerorts hin zur Stadtbahn
    • innerorts sehen wir hier das Fahrrad als ein Verkehrsmittel, das viel häufiger benutzt werden kann. Genau deshalb haben wir schon Anfang 2020 die Erstellung eines Radverkehrskonzepts beantragt. Wir alle wissen: Es gibt eine ganze Reihe Stellen in Gomaringen, die für Radfahrer und besonders Schüler gefährlich sind. Diese Problemstellen wollen wir zeitnah saniert sehen.

Wir bringen diese Themen seit Jahren immer wieder ein, und drängen immer wieder zur Umsetzung. Uns ist völlig klar: Die Maßnahmen müssen greifen, bevor es für eine Begrenzung der Erwärmung zu spät ist.

Zum Schluss noch ein paar Sätze in eigener Sache: Vor Kurzem erschien in der Lokalpresse ein Interview, in dem auch das Rollenverständnis eines Gemeinderats thematisiert wurde: „Ich habe den Gemeinderat immer als Kontrollorgan der Verwaltung verstanden, nicht aber als Macher“.

Unbestritten: die Kontrollfunktion ist ein wichtiger Teil der Aufgabe eines Gemeinderats. Für uns endet die Aufgabe aber nicht damit, die Sitzungsvorlagen der Verwaltung zu prüfen und zu genehmigen.

Wichtig ist für uns eben auch, eigene Inhalte einzubringen und voranzutreiben. Im Laufe des Jahres tun wir dies häufig im direkten Gespräch oder im Austausch per email. Dort vertreten wir unsere Meinung, unsere Vorschläge und unsere Ausarbeitungen meist viel ausführlicher, als dies in den Sitzungen des Gemeinderats möglich ist. Häufig sind wir dabei recht erfolgreich. Der Nachteil ist aber, dass dies für die Öffentlichkeit nur selten sichtbar ist.

Deshalb bringen wir auch eigene Anträge ein. Wir wollen selbst die Initiative ergreifen und Projekte vorschlagen, die wir für wichtig und zielführend halten. Besonders dann, wenn diese Themen unserer Ansicht nach zu kurz kommen.

Ich danke für ihre Aufmerksamkeit.

 

Dr. Hartmut Rombach
Fraktionsvorsitz Grüne Liste Gomaringen

(Es gilt das gesprochene Wort)

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